Wurzeln - die unterirdischen Schönen
Winterzeit ist Wurzelzeit
Es heißt, die beste Zeit um Wurzeln auszugraben ist die kältere Zeit im Jahr. Später Herbst, Winter und früher Frühling. Die Wurzel als Speicher- und Ernährungsorgan einer Pflanze ist im Sommer, wenn die oberirdischen Pflanzenteile im vollen Wachstum oder ausgewachsen sind, besonders gefordert.
Das ist ein Grund, warum die Wurzelernte meist in der kalten, stilleren Jahreszeit stattfindet.
Jetzt , wenn die oberirdischen Pflanzenteile abgestorben sind, keine Kraft aus den Wurzeln benötigen, ist Wurzelerntezeit.
Ernten
Die Wurzeln werden ausgegraben, gereinigt und frisch verwendet oder für die spätere Verwendung getrocknet.
Trocknen
Das Trocknen funktioniert bei dicken, fleischigen Wurzeln gut, wenn sie in Streifen geschnitten und an einem warmen Ort (Ofen, Heizkörper) aufgehängt werden.
WURZELPORTRAITS
Hier möchte ich Dir einige wenige meiner verwendbaren Lieblingswurzeln vorstellen.
Nachtkerze
(Oenothera biennis)
Wie so viele aus Nordamerika stammende Pflanzen mag auch die Nachtkerze gern eher trockene,
durchlässige, warme Standorte. Sie ist aber unkompliziert und passt sich auch an andere
Gegebenheiten ganz gut an.
Verwendung
Die Wurzel wird für die Küche im ersten Lebensjahr der Pflanze und vor der Blüte geerntet. Bevor die Pflanze blüht schmeckt die Wurzel zart, frisch und würzig. Sie besitzt einen etwas scharfen Beigeschmack. Die Wurzeln kann in der Küche wie anderes Wurzelgemüse verwendet werden.
Tagsüber blühen die Blüten der Nacht zu Ende und werden noch vom einen oder anderen Insekt
besucht. Nachts tummeln sich Nachtfalter und co um die duftenden Blüten.
Löwenzahn
(Taraxacum sect. Ruderalia)
Löwenzahn kennen wohl alle.
Eine meiner Lieblingsverwendungen der Wurzel ist der Löwenzahnkaffee.
Wurzeln klein schneiden
in einer Eisenpfanne (ohne Öl) rösten
mörsern
aufbrühen.
Einfach köstlich.
Eibisch
(Althea officinalis)
Inhaltsstoffe
bis 20 % Schleimstoffe (Wurzel)
11 % Pektin
Verwendungsgebiete lt. Kommission E
innerlich Entzündungen Rachen
innerlich leichte Entzündungen Magen-Darm
innerlich trockener Reizhusten
Darreichungsform
Tee (Kaltauszug bei Wurzeln) innerlich und äußerlich
Sirupe
Der Eibisch mit seinem dicken Wurzelstock kann regelmäßig beerntet werden. Es macht ihm nicht viel aus, er treibt immer wieder nach und kann kaum ausgerottet werden. Ganz im Gegenteil. Wächst ein Eibischstock im Garten aus einem Sämling heran, so macht es Sinn, das kleine Pflänzchen in den ersten 2 Jahren umzupflanzen, wenn es dort als ausgewachsene Pflanze nicht stehen soll.
Eibisch kann sehr groß werden und viel Raum einnehmen. Ältere Pflanzen können später kaum ganz ausgegraben werden. Die Wurzeln sind sehr lang und zäh und treiben ständig nach.
Vom Eibisch können Blüten und Blätter sowie die Wurzel für wässrige Auszüge verwendet werden.
Die Wurzel enthält ein Vielfaches der Schleimstoffe im Gegensatz zu den restlichen Pflanzenteilen.
Beinwell
(Symphytum officinalis)
"Ein Pflaster darauss gemacht und über die frischen Wunden gelegt hefftet dieselbigen zusammen; die Wurzel zerstossen und übergelegt heilet die brüch“ –
berichete Leonhardt Fuchs im 1543 geschriebenem „New Kreutterbuch“.
Und so ist es. Der Beinwell wächst aus jedem kleinen Wurzelstück neu und regeneriert sich immer wieder.
Genau das macht die Pflanze auch mit uns. Er heilt Wunden und hilft, dass gebrochene Knochen wieder zusammenwachsen.
Verwendung
In der Hausapotheke wird Beinwell ausschließlich äußerlich verwendet!
Aufgrund der Pyrrolizidinalkaloide besteht Gefahr zu unerwünschten Nebenwirkungen. Bitte informiere dich darüber. In meinen Kursen erkläre ich die richtige Anwendung ganz genau.
Aus den Blättern und/oder Wurzeln kann ein Brei hergestellt werden, der bei stumpfen Verletzungen wie Zerrungen, Verstauchungen, Knochenbrüchen oder Muskelkater als Auflage oder Umschlag angewandt werden kann. Dazu einfach die Pflanzenteile zerkleinern und im Mörser zerquetschen.
Weitere Arten
Knoten-Beinwell (Symphytum tuberosum).
Gelegentlich findet man im Wald auch den gelbblühenden Knoten-Beinwell. Dieser ist etwas kleiner und nicht so stark verzweigt wie Symphytum officinale. Er wurde jedoch ähnlich oder gleich verwendet wie der Gewöhnliche Beinwell.
Compfrey (Symphythum peregrinum)
wird größer, ist weniger borstig und weniger behaar wie der Gewöhnliche Beinwell und kaum in der Hausapotheke verwendet. Er findet als Viehfutter- und Mulchpflanze wertvolle Verwendung.
Baldrian
(Valeria officinalis)
Der unverwechselbare Duft der Baldrianwurzel gibt ihm auch den Namen "Stinkwurz". So krass würde ich es jetzt nicht bezeichnen. Aber der Geruch ist schon sehr eigen.
Ätherische Öle und Valerensäure sind wohl die Hauptverantwortlichen für die beruhigende, entspannende und angstlösende Wirkung.
Wichtig zu wissen ist:
Baldrian macht nicht müde.
Er beruhigt das Nervensystem und bringt somit am Abend Ruhe in unseren Organismus und Geist und lässt uns besser ein- und durchschlafen.
Wer ruhige Nerven besitzt kann sich aber auch besser konzentrieren und somit Prüfungen oder wichtige Besprechungen gut meistern.
Verwendete Pflanzenteile:
Verwendet wird für die beruhigende Wirkung nur die Wurzel. Der Baldrian ist mehrjährig, aber dadurch, dass die Pflanze keinen dicken Wurzel-stock bildet,
ist es schwierig, Wurzelteile so ab-zustechen, dass die Pflanze auch gut weiter-wachsen kann.
Des halb ist es empfehlenswert, die Baldrian-pflanze zumindest 2-3 Jahre wachsen zu lassen, dann ist der Wurzelstock groß genug, dass sich das ausgraben auch auszahlt und es gibt wahr-scheinlich auch schon Nachkommen.
Dosierung:
Eine ausreichende Dosierung von Baldrian ist wichtig. Wird Baldrian zu niedrig dosiert, kann eine paradoxe Wirkung entstehen. Das heißt, die Unruhezustände können verstärkt werden.
600 mg Baldrianextrakt pro Tag werden empfohlen. Da eine Messung dieser Menge schwierig ist, ist es zumindest wichtig darauf zu achten, dass Baldrian nicht mit zuvielen anderen Pflanzen in einer Rezeptur gemischt wird. Je mehr Pflanzen in einer Rezeptur, desto niedriger dosiert der Baldrian!
WEITERE WURZELPFLANZEN
Kultivierte Besonderheiten für die Küche sind zum Beispiel Erdmandel, Erdkastanie oder Haferwurzel.
Wildpflanzen wie Wilde Möhre, Wegwarte oder Nelkwurz wachsen überall und können kreativ in den Speiseplan eingeplant werden. Für die Hausapotheke kommen unter anderem noch Alantwurzel, Brennnesselwurzel oder Kren zur Anwendung. Und im Haushalt kommt die Wurzel vom Seifenkraut mit ihren Saponinen zum Einsatz.
EIN BUCH WOLLTE ENTSTEHEN
Vor langer Zeit. :-)
Wurzeln haben mich immer schon interessiert und fasziniert. Gerade hat mich Facebook daran erinnert, dass ich vor über 12 Jahren begonnen hab, ein kleines Buch über Wurzeln zu schreiben. Ich hab einen Prototypen dieses Buches hier bei mir. Damals als Fotobuch gedruckt. Meine Kurstätigkeit, die Arbeit im Garten und die kleinen Kinder ließen mir damals aber nie die notwendige Zeit und Ruhe, daran zu arbeiten.
Es kam nie zum Druck.
Das macht nichts.
Mittlerweilen gibt es auch schon einige Bücher von anderen AutorInnen über verwendbare Wurzeln.
Und das ist gut so.
Hier seht ihr zumindest das Cover von damals :-)
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Kein Pflanzenportrait und keine Infos mehr verpassen?
Rezepte für Wurzeln gibts auch im Winterteil der Kochbuchserie
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